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17 Apr 2018
Berlin (ots) - Das ägyptische Nadeem-Zentrum für die Rehabilitierung von Opfern von Gewalt und Folter hat am Montagabend in der Volksbühne Berlin den 9. Amnesty Menschenrechtspreis erhalten. Damit würdigt die deutsche Amnesty-Sektion dessen jahrzehntelangen Einsatz gegen Folter in Ägypten. "Das Nadeem-Zentrum bietet Menschen in Ägypten, die Folter und andere Gewalt überlebt haben, dringend notwendige medizinische und psychologische Behandlung. Das Zentrum gibt Tausenden Hoffnung und Mut - und setzt ein wichtiges Zeichen gegen die weit verbreitete Folter in ägyptischer Haft. Diesen furchtlosen Einsatz in einem Land, in dem Gewalt durch staatliche Sicherheitskräfte an der Tagesordnung ist, wollen wir mit dem Amnesty Menschenrechtspreis 2018 öffentlich machen und unterstützen", sagte Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.
Das Nadeem-Zentrum dokumentiert seit 25 Jahren Folter durch ägyptische Sicherheitskräfte und betreibt die einzige Spezialklinik zur Behandlung Überlebender von Folter und Gewalt im Land. Seit 2016 gehen die Behörden massiv gegen die Organisation vor. Im Februar 2017 wurde die Klinik des Zentrums geschlossen. Doch trotz aller Repressalien setzen Dr. Aida Seif al-Dawla, Dr. Suzan Fayad, Dr. Magda Adly und die anderen mutigen Mitarbeitenden des Zentrums ihre Arbeit fort.
Der 33-jährige Arzt und Menschenrechtsaktivist Taher Mokhtar nahm den Preis stellvertretend für das Nadeem-Zentrum entgegen. Im Dezember 2016 musste er Ägypten aus Sorge um seine Sicherheit verlassen. "Selbst in den schwierigsten Momenten, als wir in Ägypten oft fast die Hoffnung verloren, standen die Kämpferinnen des Nadeem-Zentrums immer in der ersten Reihe. Sie sind der Menschenrechtsbewegung in Ägypten ein Vorbild an Geduld und Beharrlichkeit", so Mokhtar. "Im Namen des Nadeem-Zentrums danke ich Amnesty International für diese wichtige Auszeichnung. Sie wirft ein helles Licht auf unsere Menschenrechtsarbeit und erinnert an das Schicksal von Folterüberlebenden in Ägypten und weltweit."
Die Laudatio hielt Salil Shetty, Internationaler Generalsekretär von Amnesty International. "Wer sich in Ägypten für Menschenrechte engagiert, setzt die eigene Freiheit und Sicherheit aufs Spiel", so Shetty. "Umso mehr bewundern wir den furchtlosen Einsatz der Nadeem-Frauen und ihrer Mitarbeitenden. Trotz aller Repressalien von Seiten der Regierung lassen sie Folterüberlebende nicht im Stich, sondern sorgen dafür, dass die Verbrechen der Sicherheitskräfte ans Licht kommen."
"Die Bundesregierung muss von der ägyptischen Regierung entschlossen und öffentlich einfordern, dass die Folter in Ägypten aufhört, Verantwortliche bestraft werden und dass Aida Seif al-Dawla und ihre Mitarbeitenden die Klinik umgehend wieder öffnen können", sagte Generalsekretär Beeko. "Amnesty International erwartet von der Bundesregierung, die Regierung al-Sisi in direkten Gesprächen sowie beispielsweise beim UN-Menschenrechtsrat deutlicher für die massive andauernde Unterdrückung und Verfolgung der Zivilgesellschaft zu kritisieren. Ein weiterer Ausbau der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Ägypten sollte mit einer wesentlichen Verbesserung der Menschenrechtslage verknüpft werden."
Zu den Gästen der Preisverleihung zählten die Menschenrechtsverteidiger Anikó Bakonyi (Ungarn) und Berta Zúñiga Cáceres (Honduras). Auftretende Künstler waren unter anderem die Musiker Fetsum und Damien Rice sowie Schauspielerin Anne Tismer. Durch den Abend führte Katja Riemann.
Mit dem Menschenrechtspreis zeichnet die deutsche Amnesty-Sektion alle zwei Jahre Persönlichkeiten und Organisationen aus, die sich unter schwierigen Bedingungen für die Menschenrechte einsetzen. Ziel des Preises ist es, das Engagement dieser Menschen zu würdigen, sie zu unterstützen und ihre Arbeit in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Unterstützt wird der Preis von der Stiftung Menschenrechte - Förderstiftung Amnesty International. 2018 wird der Menschenrechtspreis zum neunten Mal verliehen. Bisherige Preisträger sind unter anderem: Henri Tiphagne (Indien), Alice Nkom (Kamerun), Abel Barrera (Mexiko) und Eren Keskin (Türkei).
Foto: obs/Amnesty International/Henning Schacht