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21 Jun 2018
Berlin (ots) - Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet ignoriert weiterhin das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Einhaltung der Luftqualitätswerte beim Dieselabgasgift NO2 - Deutsche Umwelthilfe will mit dem Vollstreckungsverfahren für Düsseldorf saubere Luft ab spätestens 1.1.2019 gerichtlich durchsetzen - Dazu führt kein Weg an Diesel-Fahrverboten vorbei.
Die Deutsche Umwelthilfe hat (DUH) heute einen Antrag auf Zwangsvollstreckung gegen das Land Nordrhein-Westfalen gestellt. Ziel ist die Umsetzung des bereits ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im Verfahren um "Saubere Luft" in Düsseldorf aus dem Jahr 2016 (3 K 7695/16), das durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 (BVerwG 7 C 26.16) rechtskräftig ist. Die DUH hat beim Verwaltungsgericht Düsseldorf die Androhung eines Zwangsgeldes zur Vollstreckung des Urteils beantragt. Die internationale Umweltrechtsorganisation ClientEarth unterstützt Klagen für "Saubere Luft" der DUH.
Der Antrag der DUH sieht vor, bis zum 30. September 2018 die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt Düsseldorf unter Beteiligung der Öffentlichkeit einzuleiten. Der Luftreinhalteplan müsse, so die DUH, ab dem 1. Januar 2019 Fahrverbote für alle betroffenen Diesel-Pkw unterhalb der Emissionsklasse Euro 5 enthalten. Ab dem 1. September 2019 soll das Fahrverbot dann auf alle Euro 5-Diesel-Pkw ausgedehnt werden.
Die DUH fordert, anders als in Hamburg durch die dortigen Behörden umgesetzt, die Einbeziehung aller belasteten Straßen. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht zwei Wege ermöglicht: Die Fahrverbote können für alle belasteten Straßenabschnitte gelten. Sollte dies zu Umfahrungsverkehr führen, der auch auf den Umfahrungsstrecken zu Grenzwertüberschreitungen führt, wären auch diese Straßen einzubeziehen. Der andere Weg ist die Einbeziehung der gesamten bestehenden Umweltzone. Dies ist auch aus Sicht der DUH der beste Weg.
Ebenfalls verfolgt der Antrag der DUH das Ziel, das bis zum Jahresende 2018 verbindlich geregelt ist, welche zeitlichen und sachlichen Ausnahmen für ein Fahrverbot festgelegt werden. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist von Fahrverboten nur dann abzusehen, wenn es andere Maßnahmen gibt, mit denen man den Stickstoffdioxid (NO2)-Grenzwert ebenso schnell einhalten kann. Bis heute hat kein Bundesland vergleichbar wirksame Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Luftqualitätswerte vorgestellt. Auch eine vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium erstellte und bereits seit Mai 2017 vorliegende Wirkungsabschätzung unterschiedlicher Maßnahmen war für Düsseldorf zu dem Ergebnis gekommen, dass nur mit Diesel-Fahrverboten eine kurzfristige Einhaltung des Grenzwertes möglich ist.
"Vor Kurzem erst hat das Verwaltungsgericht Aachen mit seinem Urteil vom 8. Juni 2018 für saubere Luft in Aachen verdeutlicht, dass NRW-Ministerpräsident Armin Laschet die Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Diesel-Fahrverboten falsch interpretiert. Anstatt sich weiterhin als Erfüllungsgehilfen der kriminell agierenden Autokonzerne zu betätigen, muss sich die NRW-Landesregierung endlich um die Millionen betroffenen Bürger, die den giftigen Dieselabgasen täglich in ihren Städten ausgesetzt sind, kümmern. Leider sind die Regierungspolitiker weder auf Bundes- noch Landesebene stark genug, sich den Wünschen der Konzernzentralen von Audi, BMW, Daimler und VW zu widersetzen. Aus diesem Grund müssen wir die 'Saubere Luft' für die Landeshauptstadt Düsseldorf im Rahmen einer gerichtlichen Zwangsvollstreckung durchsetzen", erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte im September 2016 das Land NRW dazu verurteilt, den Luftreinhalteplan Düsseldorf von 2013 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µ/m3 im Stadtgebiet der Stadt Düsseldorf enthält. Das Gericht hatte deutlich gemacht, dass Fahrverbote für Dieselfahrzeuge aufzunehmen sind, sofern keine anderen Maßnahmen, die ebenso schnell zu einer Grenzwerteinhaltung führen, zur Verfügung stehen. Fahrverbote, so das Gericht, seien zulässig und rechtskonform gestaltbar. Diese Auffassung war mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Februar 2018 im Wesentlichen bestätigt worden. Damit wurde das Land verurteilt, den Luftreinhalteplan entsprechend zu ändern.
Dementgegen hatte jedoch im März 2018 Ministerpräsident Armin Laschet der Presse gegenüber Fahrverbote als "unverhältnismäßig und rechtswidrig" bezeichnet und eine Umsetzung des rechtsverbindlichen Urteils damit faktisch abgelehnt. Diese Haltung habe er auch den für die Luftreinhalteplanung zuständigen Bezirksregierungen unter Hinweis auf den Umstand mitgeteilt, dass diese ihm gegenüber weisungsgebunden sind. Auch Umweltministerin Ursula Heinen-Esser verkündete in der vergangenen Woche vor dem Düsseldorfer Landtag, das Bundesverwaltungsgericht erwarte eine Einhaltung der Grenzwerte erst im Jahr 2020. Auch dies ist eine durchsichtige Fehlinterpretation. Das Bundesverwaltungsgericht spricht vielmehr von einer schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung, zu der Fahrverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge sogar ab sofort möglich und erforderlich sind.
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt sagt: "Ich habe für die DUH vor Stellung des heutigen Antrags mehrfach die Umsetzung der Gerichtsentscheidungen von der zuständigen Bezirksregierung eingefordert. In mehreren Schreiben konnte man bis heute noch nicht einmal ein Datum für den Beginn der Öffentlichkeitsbeteiligung für die Änderung des Luftreinhalteplans nennen, obwohl man noch im März 2018 auf der Internetseite des Regierungspräsidiums ankündigte, dass der neue Plan schon zum 1. Juli 2018 in Kraft treten werde. Wir werden dieses offenkundige Zeitspiel, welches auf Kosten der Gesundheit der Menschen geht, nicht länger hinnehmen."
Mit heutigem Datum hat die DUH daher den Antrag auf Durchsetzung des rechtskräftigen Urteils im Rahmen der Zwangsvollstreckung gestellt. In einem ersten Schritt soll ein Zwangsgeld von bis zu 10.000 Euro angedroht werden. Dies ist der erste Schritt, der nach der Verwaltungsgerichtsordnung zulässig ist. Sollte dies nicht zu einer Einhaltung des Urteils führen, können härtere Maßnahmen, als ultima ratio die Zwangshaft gegen die Umweltministerin oder den Ministerpräsidenten beantragt werden.
Ugo Taddei, Rechtsanwalt von ClientEarth sagt: "Das Bundesverwaltungsgericht hatte das letzte Wort, aber die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, allen voran Ministerpräsident Armin Laschet, verweigert noch immer die Umsetzung des Urteils, obwohl sie rechtlich dazu aufgefordert sind. Diese Verweigerung ist ein ernster Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit. Es werden weitere Gerichtsentscheidungen für 'Saubere Luft' in Deutschland folgen. Auch die anderen betroffenen regionalen Behörden müssen solange nachbessern, bis auch sie ihrer gesetzlichen Verpflichtung, die Menschen vor schädlicher Luftverschmutzung zu schützen, nachkommen."
Quelle-Foto: obs/DUH