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10 Mai 2019
Wien(ots) - Gestern, Donnerstag (am Europatag) hielt der US-amerikanische Historiker und Autor Timothy Snyder in Wien eine Grundsatzrede vor mehr als 500 Zuschauern am Judenplatz und tausenden Nutzern diverser Livestream-Angebote.
Direkt an das Publikum gerichtet, betonte Snyder: "Ihr seid mehr als eure nationalen Mythen! Die vielen netten Geschichten von Ländern als unschuldigen Opfern haben nichts mit der wirklichen Geschichte zu tun. Europa, wie wir es jetzt kennen, ist historisch gesehen etwas völlig Neues. Gescheiterte Kolonialreiche haben durch Kooperation aus der Europäischen Union die einzige erfolgreiche Antwort auf ihr Scheitern gegeben und daraus den wohlhabendsten Wirtschaftsraum der Welt gemacht." Europas Gegner von innen und außen dagegen würden die Europäer an ihrem schwächsten Punkt - ihren nationalistischen Mythen - treffen. "Europa kann auch die Quelle der Hoffnung für die Zukunft sein - gegen die Auswüchse der Globalisierung, die Gefahren der Digitalisierung und die ökologischen Krisen. Ihr müsst es schaffen", schloss der Historiker seine Rede.
Snyder lehrt an der Universität Yale und ist Permanent Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien. Initiiert von der ERSTE Stiftung, wird ab 2019 jährlich anlässlich des Europatags eine öffentliche Vorlesung am Judenplatz abgehalten. Die Ansprache war der Auftakt zur Eröffnung der Wiener Festwochen am 10. Mai und ist dauerhaft via http://www.erstestiftung.org/de/200/ abrufbar. Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Wiener Festwochen, der ERSTE Stiftung und des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen.
Marte: Erinnerung von unten und Appell zur BeteiligungDer Initiator des Projekts, Boris Marte (stv. Vorstandsvorsitzender der ERSTE Stiftung), erklärte: "In unserer schnelllebigen Zeit kann Geschichte für ideologische Zwecke leicht instrumentalisiert werden. Umso wichtiger sind Klarstellungen, Festlegungen und programmatische Erklärungen. Dies schaffen wir durch Erinnerung von unten an einem besonderen Ort - dem Judenplatz mit seinem beeindruckenden und dauerhaften Mahnmal mit dem flüchtigen Mittel der Rede, die über den Moment hinauswirken soll. Europa als Friedensprojekt und die Wahrnehmung der Verantwortung für den Anderen sind wichtiger Teil unserer europäischen Identität, so Marte, "wir müssen uns dafür bei jeder Gelegenheit engagieren, einbringen und beteiligen - das nächste Mal bei der Wahl zum Europäischen Parlament."
Als "Tipping Point Talk 02: NORMATIVITY" füget sich die Premiere der "Rede an Europa" heuer in die Veranstaltungsreihe "Tipping Point Talks" der ERSTE Stiftung mit vier hochkarätigen RednerInnen ein. Diese ist der Beitrag der Stiftung zum Jubiläum 200 Jahre Sparkassen im Jahr 2019 in Österreich. Als Kuratorin der Reihe fungiert Verena Ringler.
Über die ERSTE Stiftung: Als Hauptaktionärin der Erste Group sichert die ERSTE Stiftung die unabhängige Zukunft eines der größten Finanzdienstleister in Zentral-, Ost- und Südosteuropa. Als österreichische Sparkassenstiftung engagiert sich die Stiftung für das Gemeinwohl und investiert Teile ihrer Dividende in die Region, in der die Erste Group tätig ist. Unsere Ziele sind die Stärkung der Zivilgesellschaft, die Förderung von sozial benachteiligten Gruppen und die Förderung der zeitgenössischen Kultur in Europa.
Quelle-Foto: obs/Richard Tanzer