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10 Jul 2020
Heidesheim(ots) - Zwei klinische Beobachtungsstudien zeigen, dass das Risiko für einen lebensbedrohlichen oder sogar tödlichen Verlauf bei Patienten mit niedrigen Vitamin-D-Werten deutlich höher liegt als bei guten Vitamin-D-Werten. Bis dato belegen die Publikationen nur eine sehr starke Korrelation, aber beweisen noch keine Kausalität. Dafür bedarf es zusätzlich randomisierter Interventionsstudien, doch im Zuge der Pandemie empfiehlt die französische Académie nationale de Médecine der Bevölkerung bereits jetzt Vitamin D.
Vitamin D könnte als essentieller Modulator des Immunsystems präventiv das preiswerteste und bisher beste Mittel gegen schwere Krankheitsverläufe sein. Ein Mangel an Vitamin D als auch an anderen Vitaminen sollte dringend vermieden werden, auch weil sich deren Bedarf im Falle einer Infektion deutlich erhöht.
10-fach erhöhtes Sterberisiko bei Vitamin-D-Mangel
In einer großen Studie aus Indonesien wurde der Krankheitsverlauf sowie der Vitamin-D-Status von 780 SARS-CoV-2-Infizierten untersucht. Es ergab sich ein dramatisch erhöhtes Sterberisiko bei einem Vitamin-D-Mangel. 87,8 % der Patienten mit Vitamin-D-Insuffizienz (75-50 nmol/l) und 98,9 % der Patienten mit Vitamin-D-Mangel (< 50 nmol/l) verstarben an der Erkrankung COVID-19, jedoch nur 4,1 % der Patienten mit optimalem Vitamin-D-Spiegel (> 75 nmol/l).
Das Risiko für einen tödlichen Verlauf war bei einem Vitamin-D-Mangel im Vergleich zu normalen Vitamin-D-Spiegeln um das 19-Fache erhöht. In der Studie wurden auch Confounder wie Alter, Vorerkrankungen und Geschlecht berücksichtigt. Nach Bereinigung dieser Störfaktoren ergab sich immer noch ein 10-mal höheres Sterberisiko für Coronavirus-Infizierte mit Vitamin-D-Mangel.
23-fach erhöhtes Risiko für lebensbedrohlichen Verlauf
In einer weiteren Studie wurden 212 COVID-19-Patienten aufgrund des Schweregrades ihrer Erkrankung eingeteilt (mild, durchschnittlich, schwer, kritisch) und die Vitamin-D-Werte der Patienten bestimmt. Je niedriger der Vitamin-D-Wert, desto schwerer waren die Verläufe. Ein lebensbedrohlicher Verlauf war bei niedrigem Serum-Vitamin-D 23-mal häufiger als im Vergleich zu normalen Werten von über 75 nmol/l.
Bemerkenswert ist, dass ein normaler Vitamin-D-Spiegel als über 75 nmol/l definiert war und bereits ein Wert von unter 75 nmol/l das Risiko für einen schwerwiegenden Verlauf deutlich erhöhte.
Das könnte auch die Ergebnisse einer britischen Studie erklären, die zwischen dem Vitamin-D-Status und dem Risiko einer Corona-Infektion nach Bereinigung der Confounder keinen Zusammenhang fand. Personen mit Vitamin-D-Spiegeln von über 75 nmol/l sind in der Studie schlichtweg überhaupt nicht zu finden. Zur Erinnerung: Vitamin-D-Werte unter 75 nmol/l sind auch in Deutschland keine Seltenheit. In der deutschen Bevölkerung haben laut einer Untersuchung des RKI mit knapp 7000 Personen ca. 88 % einen niedrigeren Vitamin-D-Status.
Im Zuge der Corona-Pandemie hat die in Frankreich hoch angesehene Académie nationale de Médecine bereits im Mai die Empfehlung abgegeben, den Vitamin-D-Status aller Senioren über 60 zu testen und ggf. Vitamin D zu supplementieren. In ihrer Pressemitteilung schreibt die Akademie, dass eine signifikante Korrelation zwischen niedrigen Vitamin-D-Spiegeln und der Sterblichkeit durch Covid-19 gezeigt wurde. Daher empfiehlt sie auch Menschen unter 60, die sich mit SARS-CoV-19 infiziert haben, Vitamin D.
Die American Geriatrics Society (US-Ärztegesellschaft für Altersmedizin) empfiehlt, dass Personen ab 70 Jahren täglich 4000 I.E. Vitamin D supplementieren sollten, um Vitamin-D-Serumwerte von >= 75 nmol/l zu erzielen. Das fettlösliche Vitamin D wird am besten als Öl vom Körper aufgenommen.
Vitamin D und A gegen Atemwegsinfektionen
Die WHO empfiehlt zur Prävention von Atemwegserkrankungen Vitamin D. Großen Meta-Analysen zufolge senkt die Supplementierung mit Vitamin D bei Personen mit niedrigem Vitamin-D-Ausgangsstatus das Risiko für akute Atemwegserkrankungen um bis zu 70 %. Auch bei COVID-19 handelt es sich um eine akute Atemwegserkrankung.
Neben Vitamin D spielt besonders Vitamin A eine wichtige Rolle bei viralen Erkrankungen. Ein Vitamin-A-Mangel zeigt sich zuallererst in den Schleimhäuten der Atemwege. Die Konsequenz ist eine höhere Infektanfälligkeit und durch sich wiederholende Infekte ein höherer Vitamin-A-Verbrauch. Das wiederum verstärkt einen bestehenden Mangel.
Mit einer Vitamin-A-Aufnahme unterhalb der Zufuhrempfehlungen muss laut BfR bei weit über 25 % der Bevölkerung gerechnet werden. Der Anteil könnte sogar noch höher liegen, da in den vorliegenden Erhebungen ein zu niedriger Konversionsfaktor (6:1 statt 36:1) verwendet wurde (Berechnung der Vitamin-A-Aktivität durch aufgenommenes ß-Carotin). Ein Vitamin-A-Mangel ist damit zwar weniger häufig als ein Vitamin-D-Mangel, harmloser ist er damit jedoch nicht. Gerade bei einer Virusinfektion der Atemwege ist eine zusätzliche Aufnahme von Vitamin A sehr empfehlenswert, weil der Vitamin-A-Bedarf durch die Infektion stark ansteigt.
Vitamin-D-Mangel ist häufig beim Akuten Atemnotsyndrom
Das Akute Atemnotsyndrom (ARDS) ist eine massive Reaktion der Lunge in Folge von Atemwegserkrankungen. Es geht u.a. einher mit einer stark eingeschränkten Sauerstoffversorgung und ist akut lebensbedrohlich. Einer Studie aus Wuhan zufolge entwickelten 93 % der verstorbenen COVID-19-Patienten ein ARDS.
Bei ARDS-Patienten ist ein Vitamin-D-Mangel (< 50 nmol/l) verbreitet. Wurde der Vitamin-D-Spiegel von ARDS-Risikopatienten vor einem riskanten Eingriff auf ein normales Level gebracht, so traten signifikant weniger alveolare Kapillarschäden (ARDS-Marker) auf.
In einer Studie wurden Patienten auf der Intensivstation untersucht, die an ein Beatmungsgerät angeschlossen waren. Durch die Gabe von Vitamin D konnten die Patienten das Krankenhaus schneller wieder verlassen (25 Tage für Patienten mit 5 x 50.000 I.E.; 18 Tage für Patienten mit 5 x 100.000 I.E.) als Patienten ohne Vitamin-D-Gabe (36 Tage). Zur Erklärung: Die Therapie des ARDS umfasst im Wesentlichen die Behandlung der Symptome mittels einer solchen Beatmung.
Vitamin D spielt eine zentrale Rolle im Immunsystem, indem es einerseits zentrale spezifische Abwehrzellen (CD-8 T-Lymphozyten) aktiviert und andererseits die für tödliche Corona-Verläufe verantwortliche Überreaktion des unspezifischen Immunsystems (Zytokinsturm) abmildert.
Hilft Vitamin K gegen Blutgerinnsel?
Schwere COVID-19-Fälle leiden infolge des Zytokinsturms häufig unter Störungen der Blutgerinnung mit Thrombusbildung. Die Gerinnsel sind neben der Lungenentzündung ein zentraler Grund für die Schädigung der Lunge und tödliches Multiorganversagen.
Eine Studie nahm diese Beobachtung zum Anlass, den Vitamin-K-Status dieser Patienten zu analysieren, denn Vitamin K ist für die normale Funktion der Blutgerinnung essentiell. Als Marker für den Vitamin-K-Status im Blut wurde uncarboxyliertes Matrix-Gla-Protein (uc-MGP) herangezogen. Vitamin K sorgt für die Carboxylierung von MGP - herrscht ein Mangel an Vitamin K, dann gibt es ein Zuviel an uc-MGP. Dabei wirkt Vitamin K2 etwa 50-mal länger als K1.
Es zeigte sich, dass COVID-19-Patienten mit schweren Verläufen signifikant höhere uc-MGP-Werte besaßen als diejenigen mit leichten Verläufen. Je schwerer der COVID-19-Verlauf, desto stärker war also der Vitamin-K-Mangel.
Darüber hinaus schützt auch Vitamin E bzw. die Tocopherol-Familie vor Blutgerinnseln. Insbesondere gamma-Tocopherol reduziert die Thrombozytenaggregation und verzögert die Thrombusbildung.
Was kann man sonst gegen die Pandemie tun?
Für die Abwehrkräfte sind neben Vitamin D besonders auch genug guter Schlaf und eine gesunde Ernährung wichtig. Um das Übertragungsrisiko zu senken, ist es sinnvoll Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten, bei engerem Kontakt Masken zu tragen und die besonders riskanten klimatisierten Räume mit geschlossenen Lüftungskreisläufen zu meiden (siehe Graphik).
Lesen Sie den ausführlichen Artikel mit Literaturangaben unter: https://www.drjacobsinstitut.de
Das Dr. Jacobs Institut für komplementär-medizinische Forschung hat sich zum Ziel gemacht, ganzheitliche Zusammenhänge in der Ernährungswissenschaft, Naturheilkunde und Erfahrungsheilkunde wissenschaftlich aufzuklären und dadurch zur Verbesserung und zum Erhalt wertvoller Präventionsmaßnahmen und Therapien beizutragen. Gemäß seinem Motto: Primum nihil nocere, secundum bene facer.
Quelle-Grafik: obs/Dr. Jacobs Institut